Die Bürgerinnen und Bürger aus Prenzlauer Berg und ganz Berlin haben am Samstag einen Demonstrationszug von etwa 700 Neonazis durch den Prenzlauer Berg vom S-Bahnhof Bornholmer Straße erfolgreich verhindert. Aus der 6km langen geplanten Demostrecke wurden 500 Meter in zwei Stunden und dann ein Abbruch. Über 6000 Gegendemonstranten zeigten selbstbewusst: Pankow bleibt bunt. Mehrere Demonstranten, darunter Wolfgang Thierse und Matthias Köhne, behinderten den Aufmarsch auf der Bornholmer Straße durch eine Sitzblockade, weitere Schwerpunkte der Gegendemonstration waren die Wisbyer Straße, die östliche Seite der Böse-Brücke, die Wichertstraße, die Thulestraße, und der S-Bahnhof Schönhauser Allee.
■ In der Frühe sammeln vor Ort
Die SPD Falkplatz-Arnimplatz hatte aufgerufen, sich an den Protesten des Bündnisses 1-mai-nazifrei zu beteiligen und war früh am Morgen auch zur Stelle: egal wie lange Mitglied, Anwohner oder wie aktiv, unsere Mitglieder kamen zahlreich. Bereits um 9 Uhr traf man sich am Sammelpunkt Bornholmer Str./Schönhauser Allee. Die Polizei verwies aber die versammelten Genossinnen und Genossen nach einer halben Stunde freundlich von der Kreuzung. Die meisten von uns sammelten sich Wisbyer Straße, einige bei der Schönhauser Allee oder anderen Blockade- und Demopunkten. Wer später zu uns dazu stoßen wollte, brauchte lange, um die Blockade um die Wisbyer Straße zu umgehen.
Trotz weiträumiger Absperrung: große friedliche Kundgebungen
Die Polizei hatte das Demogebiet weiträumig abgesperrt, mit dem Ergebnis, das es lange dauerte, bis sich die friedlichen Gegendemonstranten sammeln konnten- aber unaufhaltsam war es dann doch. Direkt gegenüber der Schönhauser Allee alleine fanden sich 2000 bis 3000 ein, die friedlich bei Musik und mit Sonnenschein ausharrten. Deutlich wurde auch: je mehr Anwohnerinnen und Anwohner, je mehr friedliche Demonstranten sich versammelten, umso weniger Chance gab es für Gewalt. Morgens zogen Autonome noch vorbei und setzten Müll in Brand, gegen Mittag dann aber verschwand das Schwarz aber im Bunt der Demo und man wartete friedlich auf den angekündigten Naziaufmarsch.
■ Sitzblockade von Thierse und Köhne
Die Nazis selber verspäteten sich. Angekündigt um 12 Uhr, waren bis um eins nur eine Handvoll Nazis angekommen. Bis zum Nachmittag wurden es statt der angekündigten 3.000 nur 650, zusätzlich zu den 250 Nazis die am Ku’damm ausgestiegen waren und dort verhaftet wurden. Und für die wenigen Nazis im Prenzlauer Berg hieß es dann warten: erst gegen 14.50 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung, begleitet von lautstarken Anwohnerprotesten von den Balkonen. Im Schneckentempo ging es die Bornholmer runter, immer wieder unterbrochen von Sitzblockaden. Wolfgang Thierse und Matthias Köhne beteiligten sich an einer Blockade auf der Bornholmer Straße- schließlich habe man das Recht, friedlich gegen einen Naziaufmarsch im eigenen Viertel zu protestieren. Wir als SPD Falkplatz-Arnimplatz danken ihnen auch für diesen persönlichen Einsatz, der den Aufmarsch auch um eine weitere halbe Stunde verzögerte und damit sinnlos machte. Nachdem die Blockade aufgelöst war, musste die Polizei dem Veranstalter der Nazidemo klar machen: nicht mal bis zur Schönhauser ist ein Durchkommen möglich.
■ Tschüss, Nazis
Gegen 16 Uhr kehrten dann die Nazis dann um, zurück zur S-Bahn um geschlagen den Heimweg anzutreten. Die friedliche Blockade von mehr als 6000 Bürgerinnen und Bürgern war erfolgreich, die wenigen Nazis, die gekommen waren, mussten unverrichteter Dinge umkehren. Oder wie es in einem Naziforum zu lesen war: "Mit dem Konzept der ‚Massenblokaden’ scheinen die Linken eine Möglichkeit gefunden zu haben unsere Aufmärsche effizient zu stoppen. Wenn das so weiter geht, bleib ich lieber zu Hause … . Aktionen wie die am Tag der nationalen Arbeit in Berlin gewinnen keine Menschen für die Sache. Sie schrecken sie eher ab…" Man merkt: auch manchmal haben Nazis einen Gedankenblitz (wenn auch extrem selten).
■ Dank an alle Engagierten
Über acht Stunden hieß es ausharren, bis klar war: hier gibt es kein Durchkommen für Nazis. Alle, die an der Gegendemo friedlich beteiligt waren, wo auch immer, an dieser Stelle ein Danke! Die große Mehrheit der Demonstranten hat sich gewaltfrei gegen die Nazis durchgesetzt und damit auch für eine friedliche Demo gesorgt. Die Polizei verhielt sich korrekt und so wie es unsere Aufgabe als Anwohner war, die Demo zu verhindern, war es ihre Aufgabe, für Sicherheit zu sorgen. Das geschieht aber reibungsloser, als BILD und andere Medien gerade glauben und glauben machen wollen. Eines hat der Tag aber hoffentlich auch für die Polizei gezeigt: je mehr Anwohnerinnen und Anwohner sich sammeln können, umso unwahrscheinlicher ist es, dass die Demos in Gewalt umschlagen. Denn der Tag war im Prenzlauer Berg ein voller Erfolg: keine Nazis und keine Gewalt. Pankow bleibt bunt.
■ Bericht: Markus Roick