Carola Bluhm, Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Abgeordnetenhaus und designierte Nachfolgerin von Heidi Knake- Werner als Sozialsenatorin, ist noch nicht im Amt, da verabschiedet sie sich schon von gemeinsamen Beschlüssen. Obwohl in den Haushaltsberatungen die Ausweitung der Beitragsfreiheit für Berliner Kinder in Kindertagesstätten um weitere zwei Jahre, der Rechtsanspruch auf einen Teilzeitplatz im letzten Kitajahr und eine bessere Qualität auf der Tagesordnung stehen, opfert sie vorschnell die Beitragsfreiheit. In der aktuellen Diskussion, Kindertagesstätten für alle beitragsfrei zu machen, fordert sie nun, dass Familien jenseits von Hartz IV doch bezahlen sollen.
■ Beitragsfreiheit für alle - gleicher Bildungszugang für alle!
Für die SPD ist dies kein Weg. "Eines unser wichtigsten Ziele für diese
Wahlperiode war es, Kindertagesstätten als Bildungseinrichtung beitragsfrei zu machen. Das haben wir versprochen und an dieses Versprechen fühlen wir uns gebunden." so Sandra Scheeres, familien- und jugendpolitische Sprecherin der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus.
"Der Kern der Überlegung ist, dass bereits in der Kita wichtige Erziehung und Bildung vermittelt wird. Wir müssen endlich unser Auge dafür öffnen, dass Kita nicht nur Betreuung, sondern auch Erziehung und Bildung für Kinder ist. Das Recht auf Bildung und Teilhabe ist verfassungsrechtlich geschützt. Es muss für alle Bürger unter gleichen Voraussetzungen erreichbar sein. Gleiche Bedingungen - das heißt Beitragsfreiheit für alle."
■ Sandra Scheeres: Keine Entscheidung von Entweder- Oder! SPD will Qualität und Beitragsfreiheit!
Die Diskussion, die derzeit vom Landeselternausschuss, dem Kita- Bündnis und der rot- roten Koalition lebhaft geführt wird, bekommt damit noch einmal eine zusätzliche Wendung. In einer eigenen Befragung unter Kita- Eltern hatte der Landeselternausschuss herausgefunden, dass sich fast alle befragten Eltern lieber eine verbesserte Bildungsqualität als Beitragsfreiheit hätten. "Für uns ist die Frage schon falsch gestellt. Es geht eindeutig nicht um ein Entweder- Oder.Wir brauchen Breitragsfreiheit in den letzten drei Kita Jahren und bessere
Bedingungen für Erzieherinnen und Erzieher. Diese leisten schon jetzt hervorragende Arbeit in dem ihnen möglichen Rahmen - sie verdienen es, dass
wir bessere Bedingungen für die Förderung unserer Kinder schaffen" so Sandra Scheeres. "Deshalb wollen wir auch eine Erhöhung des Erzieherschlüssels um 5%, damit sie Aufgaben, die u.a. das neu eingeführte Sprachtagebuch oder das Bildungsprogramm mit sich bringen, so gut wie möglich erfüllen können. Auch sind wir der Meinung, dass Kitaleiter eine wichtige, umfangreiche administrative bzw. Managementfunktion erfüllen und deshalb ab einer Kitagröße von 100 Kindern freigestellt werden müssen."
■ Bildung unabhängig machen von sozialem Status!
Doch nicht nur eine Verbesserung der Qualität ist im Zentrum der Überlegungen. - Bis heute ist in der Bundesrepublik Deutschland - zuletzt auch von der UNESCO im internationalen Vergleich massiv kritisiert - Bildung und Teilhabe zu stark vom sozialen Standard und der Bildung im Elternhauses abhängig. Die Entscheidung, Interessen und Fähigkeiten zu fördern, liegt zumeist allein bei den Eltern, die häufig die Vielzahl der Möglichkeiten und Angebote nicht kennen. In der Kita können die Eltern über Erzieher und Einrichtung Informationen bekommen, die ihnen bei der Erziehung helfen und
die ihnen auch Angebote zeigen, die ihre Kinder auch außerhalb der Kita individuell wahrnehmen können. Erzieher können Eltern Partner sein, indem sie frühzeitig und mit fachlichem Hintergrund Tipps für die individuelle Entwicklung ihres Kindes geben. Durch den Ausbau der Kitas zu Familienzentren werden diese zu Kontaktstellen für Eltern, die sich dort austauschen können.
■ Soziale Barrieren aufheben und Interessen und Fähigkeiten fördern!
"Wir wollen die sozialen Barrieren zwischen den Kindern aufheben und sie
alleine rund um ihre eigenen Interessen und Fähigkeiten fördern. Beiträge stellen Zugangsbarrieren dar. Die Tatsache, dass Familien jenseits von Hartz IV Beiträge bezahlen sollen, stellt diesen Gedanken der sozialen Gerechtigkeit einfach nur auf den Kopf!" - so Sandra Scheeres, "unser Vorschlag ist bereits ein Kompromiss, mit weniger können wir die Familien in Berlin nicht abspeisen."
■ Bericht: Martina Krahl