Die Gemeinschaftsschule als Antwort auf die Herausforderung der Pisa – Studien

Veröffentlicht am 08.10.2007 in Bildung

Michel Breitinger, stv. Vorsitzender

Die Gemeinschaftsschule ist momentan in aller Munde. Entweder wird sie als Antwort auf die deutsche Bildungsmisere angesehen, oder als DDR-lastige Einheitsschule diffamiert. Der Berliner Senat hat sich entschieden, dass in den nächsten Jahren 12 Gemeinschaftsschulen in Berlin entstehen sollen, d.h. pro Bezirk eine. Demnach bedeutet das für uns in Pankow, dass auch hier in den nächsten Jahren eine Gemeinschaftsschule entsteht. Das ist Anlass genug, sich mit diesem Schultyp auseinanderzusetzen.

Die deutsche Bildungsmisere: Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg

Die seit 2001 erscheinenden Bildungsstudien mit Namen „Pisa“ haben einen Befund erbracht, der Kennern seit Jahren bereits bekannt war. Erstens erreichen nur 28 – 50% eines Jahrgangs (je nach Bundesland) das Abitur. Zweitens sind viele Schüler der achten Klasse nicht in der Lage, in einem Multiple-Choice-Test Fragen zu beantworten, die sich auf die selbständige Lese- und Rechenfähigkeit beziehen. Drittens haben besonders die Schüler der Haupt- und Realschulen mit diesem Test Schwierigkeiten und zeigen erhebliche Lese- und Rechenschwächen. Viertens hängt der Zugang zu höherer Bildung stark vom Elternhaus ab. Ein Kind aus dem Arbeitermilieu hat es schwerer, auf das Gymnasium zu kommen, als ein Kind dem Akademikermilieu. Fünftens verstärkt ein differenziertes Schulsystem diese Schwierigkeiten. Und sechstens wird durch diese Differenzierung Deutschland in Zukunft einen schweren Akademikermangel erleiden und so unser Wohlstand gefährdet. „Pisa“ enthüllte, dass viele Schüler in unserem Bildungssystem auf der Strecke bleiben. In diesem Sinne sind die Reaktionen der CDU/CSU/FDP auch nicht zielführend. Nicht die Gymnasiasten und Universitäten haben ein Problem, sondern die Haupt- und Realschüler. Deswegen brauchen wir kein Zentralabitur oder eine Elitenförderung, sondern Antworten auf die Frage, wie man mehr Kinder zum Abitur führt. Die SPD will deswegen die Schulstruktur verändern, damit auch Kinder aus einfachen Verhältnissen eine Chance haben. Die Antwort der Sozialdemokratie ist die Gemeinschaftsschule.

Ziel der Gemeinschaftsschule ist die verbesserte Förderung der Schüler

Die Erwartung in die Gemeinschaftsschule ist groß. Sie soll leistungsschwache Schüler individuell fördern, leistungsstarke Schüler zum Abitur führen; und das in einem Raum und in einer Schule. Ziel ist es, dass alle Schüler in einer Schule die bestmögliche Qualifikation erreichen. Es liegt auf der Hand, dass es nicht ausreicht, nur alle diese Schüler in eine einzige Schule zu sperren. Das Konzept einer solchen Schule muss eine Mischung aus sozialem Lernen, spezieller Förderung und individuellem Arbeiten an Stärken und Schwächen sein. Diese Aufgaben lassen den Bürger ratlos zurück. Er kann sich kaum vorstellen, wie dies zu verwirklichen ist? Wie könnte ein Konzept aussehen, das diese Ansprüche erfüllt?

Die Gemeinschaftsschule als Ort eines neuen Lernens

Wir haben alle eine Vorstellung, wie Unterricht aussieht. Die meiste Zeit steht ein Lehrer an der Tafel, stellt Fragen, verteilt Aufgaben, gibt das Tempo des Wissenserwerbs vor und zensiert dieses. In der Praxis wird diese Methode als lehrerzentrierter Unterricht bezeichnet. Der Schüler hat in einer bestimmten Zeit eine bestimmte Leistung zu erbringen. Aufgrund der Unterrichtsform kann der Schüler nicht individuell gefördert werden. Dieser Wissenserwerb lässt sich als kollektives Lernen beschreiben. Bei einem solchen Lernen kann es allerdings häufiger passieren, dass Schüler durch das Raster fallen.

In einer Gemeinschaftsschule könnte z.B. jeder Schüler einen individuellen Lehrplan haben. Das bedeutet, dass er jede Woche einen Plan bekommt mit Aufgaben, die er zu bearbeiten hat. Der Stundenplan besteht aus Sequenzen der eigenständigen Arbeit, klassischem Unterricht, Arbeitsgemeinschaften, Freizeit und der Vertiefung des Gelernten. In einem solchen Konzept wäre das 45-Minuten-Schema obsolet. Schließlich arbeiten und lernen wir auch nicht in Zeiteinheiten, warum sollten dies unsere Kinder tun? Der Lehrer hat die Aufgabe, die Stärken und Schwächen des Schülers zu diagnostizieren und ihn dementsprechend zu fördern.

Die Gemeinschaftsschule als politische Herausforderung

Welche Schule in den nächsten Jahren in Pankow eine Gemeinschaftsschule wird, ist noch unklar. Momentan läuft das Verfahren, in dem die verschiedenen Konzepte geprüft werden. Egal welche Schule es werden sollte, das neue pädagogische Konzept wird für die Schulpolitik eine Herausforderung sein. Das neue Lernen wird mehr Mittel verlangen, als wir es von einer normalen deutschen Schule erwarten. Die Erfahrungen aus dänischen Volksschulen und finnischen Gemeinschaftsschulen zeigen, dass ein größerer Einsatz von Lehrern notwendig sein wird. Auch die materielle Ausstattung der Schulen stünde auf den Prüfstand. Schließlich wäre eine Lernlandschaft mit nur einer Tafel und ein paar Bänken Etikettenschwindel. Die Sozialdemokratie und die Eltern sind gut beraten genau auf die Konzepte zu achten. Wir haben die Möglichkeit einen neuen Schultyp zu entwickeln, der kein Kind auf der Strecke lässt. Dafür ist aber ein Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik nötig. Eine erfolgreiche Gemeinschaftsschule braucht mehr als nur ein Gebäude.

Kommentar: Michel Breitinger

 

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