Selten hat man eine Partei gesehen, die sich inhaltlich so verrennt. Es gibt nur wenige Abstimmungen im Bundesrat, die man ernsthaft als „historisch“ bezeichnen kann. Letzte Woche, am 23. Mai 2008 war eine solche: Die Zustimmung zum Vertrag von Lissabon, der die Europäische Union mit 27 Mitgliedsstaaten handlungs- und zukunftsfähig machen wird. Die Reform, für die Außenminister Steinmeier letztes Jahr so hart und so erfolgreich gekämpft hat.
■ Amoklauf der Linken
Dieser Reform die Zustimmung zu verweigern, ist außen- und europapolitischer Amoklauf und beweist damit die unbestreitbar weiter bestehende Regierungsunfähigkeit auf Bundesebene. Ergebnis der Abstimmung im Bundesrat war daher nicht nur die eindeutige Zustimmung zum Vertrag von Lissabon, sondern auch die Disqualifikation der Partei „Die Linke“. Mal wieder. Denn die PDS war auch schon gegen die Verträge von Maastricht, Amsterdam und Nizza. Eine solche Blindheit gegenüber den großen Errungenschaften der EU, wie Frieden, Wohlstand und Einfluss in der Welt – um nur drei zu nennen – ist schwer verständlich und grenzt die kurzsichtige und verfehlte Politik der Linken von einer klar positionierten und zukunftsweisenden SPD ab.
■ Zusammenarbeit auf Bundesebene ausgeschlossen
Für Berlin hatte die Abstimmung letzten Freitag einen bitteren Beigeschmack. Als einziges Bundesland hat sich ausgerechnet die ehemals geteilte Hauptstadt, das Symbol für die Wiedervereinigung von Ost und West, enthalten. Schuld war die verstockte Blindheit der Linken in Berlin – offenbar und durchsichtig beeinflusst durch deren Bundesparteispitze. Der SPD-Parteivorstandsbeschluss wird damit wieder wichtig: Es ist sehr sorgfältig zu prüfen, ob mit dieser Partei ein Bündnis auf Landesebene eingegangen werden sollte. Selbst wenn im Einzelfall auf Landesebene ausreichende Schnittmengen vorhanden sein mögen, auf Bundesebene ist dies schon aufgrund der destruktiven Europapolitik ausgeschlossen.
■ SPD ist zuverlässig und steht zu Europa
Der politische Gegner beschuldigt mit Absicht und Berechnung den Falschen, nämlich die SPD. Er hat sich nun mal darauf eingeschossen, dass die SPD sich angeblich von der Linken abhängig macht. Das ist natürlich Unsinn und kann getrost ignoriert werden. Durch die Enthaltung im Bundesrat hat die SPD lediglich ihre Verlässlichkeit bewiesen. Sie hält sich an Absprachen, wenn nicht grundsätzliche Fragen auf dem Spiel stehen: Eine Koalitionsabsprache in Berlin ist die Enthaltung im Bundesrat, wenn man sich in der Koalition nicht auf eine gemeinsame Abstimmungshaltung einigen kann. Ein Bruch dieser Abmachung hätte wohl den Bruch der Koalition im Land Berlin zur Folge gehabt. Dies war durch eine Enthaltung zu verhindern, da die zur Zustimmung erforderliche 2/3-Mehrheit im Bundesrat nie in Gefahr war. Eine einstimmige Zustimmung wäre zwar schöner gewesen. Aber Politik muss nicht immer schön sein. Wichtiger ist Verlässlichkeit – und die hat die SPD auch bei einer schwierigen Entscheidung bewiesen. Wir stehen zu unseren Absprachen und wir stehen eindeutig und unmissverständlich zur Weiterentwicklung in Europa.
■ Kommentar: Falk Bömeke